Wird ein Rad im freien Lauf abgebremst, so bedeutet das eine Verkürzung seiner eigenen Laufstrecke gegenüber der Fortbewegungsstrecke des Fahrzeuges. Es arbeitet also durch verzögernde Reibung mehr oder weniger stark gegen die Fortbewegung des Fahrzeuges und zwar umso besser, je günstiger die Bodenhaftung des Sohlenprofils der Reifen ist. Das Verhältnis zwischen Rollstrecke des Rades und der Fortbewegungsstrecke des Fahrzeuges pro gleicher Zeiteinheit wird als "Schlupf" bezeichnet und zumeist in Prozent (%) angegeben. Bremswirkung kann nur erreicht werden, wenn dieser Schlupf größer als 0 ist, sie erreicht nach eingehenden Messungen bei ca. 20 % Schlupf ihre maximale Wirkung, die dann gegen 100 % Schlupf (Blockierung der Reifen) wieder abnimmt, jedoch nicht Null wird, da bekanntlich auch blockierte Reifen eine Bremswirkung entwickeln.

Wie eingangs bereits erwähnt, legt das gebremste Rad rollend eine kürzere Strecke zurück als das zugehörige Fahrzeug. Da beide jedoch gleichzeitig am Endpunkt ankommen, muss das Sohlenprofil des Rades jeweils etwas länger auf dem Straßenabschnitt verweilen. Als Abdruck ergibt sich hierdurch auf dem Straßenbelag das Bild seiner in Fahrtrichtung in die Länge gezogenen und daher verzerrten Querprofilierung (Bremsspur), die ja beim Bremsvorgang gegen die Fortbewegung des Fahrzeuges arbeitet.

Bei Blockierspuren handelt es sich um die radierende Markierung eines stillstehenden (blockierten) Rades und weiterbewegten Fahrzeuges, die sich dann auf der Fahrbahnoberfläche zumeist als dunkle, in Fahrtrichtung längs verlaufende Schwarzfärbung darstellt. Längsrillen im Sohlenprofil sind in den meisten Fällen zu erkennen, die Struktur der Querprofilierung wird jedoch nicht sichtbar.

Brems- und Blockierspuren entstehen:

  • auf Asphaltfahrbahnen durch Ausschwitzen des Bindemittels / Bitumens an der Fahrbahnoberfläche infolge Erwärmung durch den hinübergleitenden oder unter großem Schlupf noch teilweise rollenden Reifen und durch Aufschmieren des ebenfalls durch Reibungshitze aufgelösten Reifengummis;

  • auf Betonfahrbahnen durch abgeriebenen Fahrbahnschmutz und Reifenabrieb;

  • auf Pflaster durch verschobene Steinchen und je nach Pflasterart Gummiabrieb;

  • auf Sand-, Schotter- und Grasflächen nur durch Verschieben oder Aufwühlen der Oberfläche des Untergrundes.


Fahrbahnbelag und Fahrbahnzustand:

Brems- und Blockierspuren sind auf Asphaltfahrbahnen meist sehr gut zu sehen, während sie auf Betonfahrbahnen manchmal heller als die übrige Fahrbahn erscheinen oder nur eine schwache Schwärzung aufweisen. Auf Pflasterungen sind sie häufig nur andeutungsweise und bruchstückhaft zu erkennen. Auf hellen Fahrbahnmarkierungen heben sich solche Spuren sehr gut ab.

Die Deutlichkeit der Spurzeichnung ist außerdem abhängig vom Zustand der Fahrbahn. Trockene, höchstens feuchte Fahrbahnen sind zeichnungsfreudiger als nasse oder mit Schneematsch bedeckte. Fand der Unfall auf nasser Straße statt, ist es sinnvoll, die Unfallstelle nach dem Abtrocknen nochmals zu besichtigen. Manchmal werden die Reifenspuren dann erst sichtbar.

Bei heftigen Blockierbremsungen auf nassen Asphaltfahrbahnen ist diese manchmal durch die Verdrängung des Wasserfilms erkennbar, die durch das ölhaltige und ausschwitzende Bitumen hervorgerufen wird. Auf feuchten Fahrbahnen trocknet der Verlauf der Blockierspur eher ab als die sonstige Straßenfläche und lässt sich so oftmals als Spur ausmachen, wenn es nach dem Bremsvorgang nicht weiterhin regnet.

Dieses Foto zeigt eindrucksvoll den Unterschied zwischen Blockierspuren auf alten Fahrbahnen mit geringem Bitumengehalt und neueren Fahrbahnen (hier Flickstelle) mit hohem Gehalt an Bitumen. Die von hieraus rechte Spur geht über beide Fahrbahnbereiche, aber nur der Spurenbereich auf der neuen Fahrbahn zeichnet sich durch den höheren Bitumengehalt deutlich ab.



Findet man beim ersten Angriff am Unfallort das oder auch die beteiligten Fahrzeuge nicht mehr in der ursprünglichen Endstellung oder, z.B. bei einer Verkehrsunfallflucht, gar nicht mehr vor, so kann sich die Schwierigkeit ergeben, dass die Fahrtrichtung der die Reifenspuren verursachenden Fahrzeuge nicht eindeutig zuzuordnen sind. Hier lässt sich bezüglich der Richtung der Spuren als Anhaltspunkt, jedoch ohne den Anspruch auf allgemeine Verbindlichkeit, folgendes festhalten: Eine Bremsspur beginnt zumeist unregelmäßig, da auch die geringste zeitliche Verzögerung im Ansprechen der vier Bremssysteme der Räder im dabei zurückgelegten Weg sich sehr deutlich ausprägt. Der Bremsbeginn zeigt sich also häufig durch unterschiedlichen Spurbeginn, das Verzögerungsende in der Spur erfolgt in den meisten Fällen gleichzeitig. Die Spur endet also häufig in gleicher Höhe. Nur selten sprechen die Bremsen derart stark an, dass sofort die stärkstmögliche Verzögerung einsetzt. Es ist daher üblicherweise zu erwarten, dass zunächst eine kurze Bremsspur, möglicherweise mit Driften, dann eine Blockierspur und endlich auch noch ein Schleudern auf dem Straßenuntergrund zu registrieren ist. Aus der Reihenfolge der Spurcharakteristik lassen sich in vielen Fällen daher auch Aufschlüsse über die Fahrtrichtung gewinnen.

Unter der Reifenaufstandfläche der Spuren zeichnenden Räder findet man oft angehäufte, pulverartige Gummireste sowie aufgeschobene Steinchen und Staubpartikel. Rollt man ein Fahrzeug langsam aus seinem Endstand, kann man diese Partikelanhäufung, die schnell durch Luftbewegungen verwehen oder durch Regen weggespült werden, feststellen. Hieraus lässt sich z. B. ableiten, ob es sich bei dem vorgefundenen Fahrzeugendstand um den tatsächlichen Endstand handelt oder das Fahrzeug nach dem Stillstand noch bewegt wurde bzw. zufällig auf einer älteren Spur steht.


Zuordung Spur <> Fahrzeug



Zuordnung der Spur zum spurenverursachenden Fahrzeug:


Wenn die Räder des spurenerzeugenden Fahrzeuges sich mit der Lauffläche noch auf dem Ende der Brems- / Blockierspuren befinden, dürfte eine Zuordnung der Spur mit dem Fahrzeug nicht schwierig sein und wird auch in den wenigsten Fällen angezweifelt.

Problematisch wird es in den Fällen, in denen das spurenerzeugende Fahrzeug aus seiner Endposition weggefahren wurde oder kollisionsbedingt aus seiner Bewegungsrichtung wegedrückt und weitergeschleudert ist. In diesen Fällen sollte eine Zuordnung zwischen Fahrzeug bzw. dessen Reifen und den Spuren erfolgen. Es ist schon häufiger vorgekommen, dass -insbesondere später bei Gerichtsverhandlungen aufgrund der Einlassung eines Rechtsanwaltes- angezweifelt wurde, dass die festgestellten Spuren überhaupt vom Fahrzeug des Unfallbeteiligten stammen und sich somit eine überhöhte Geschwindigkeit und daraus resultierender Vermeidbarkeit nicht nachgewiesen werden konnte.

Deshalb zeige ich Möglichkeiten auf, um eine Zuordnung zwischen Spur und Fahrzeug herzustellen. Diese Maßnahmen müssen unbedingt bereits an der Unfallstelle während der Unfallaufnahme erfolgen.


Abstandvermessung :

Zu Beginn wird zunächst der Abstand der beiden Spuren zueinander vermessen und mit dem Abstand der Spuren erzeugenden Räder am Fahrzeug verglichen.

Laufflächenbreite :

Anschließend wird die Breite der Reifenlauffläche vermessen und mit der Breite der Brems - / Blockierspur verglichen.

Reifenmerkmale :

Weitere Hinweise darauf, dass die festgestellten Spuren vom vorgefundenen Pkw gezeichnet wurden, ergeben sich aus den Reifenmerkmalen (z.B. die Anzahl und Lage der Längsprofileinschnitte), die mit den Spurenmerkmalen verglichen werden.

Eventuell ist auf der Reifenlauffläche noch die Stelle zu erkennen, mit der der Reifen während der Blockierung auf der Fahrbahnoberfläche gerieben hatte.

Typische Merkmale im Verlauf der Brems-/Blockierspuren :

Schaut man sich den Verlauf einer Brems-/Blockierspur genauer an, kann man häufig Schlieren, Verschmierungen (Bitumen) oder kurze, feine Kratzspuren erkennen. Die Kratzspuren entstehen durch kleine Steinchen, die im Reifenprofil stecken oder vom Reifen mitgezogen werden und durch das Blockieren der Räder über die Fahrbahnoberfläche kratzen. Solche Spuren bleiben häufig nur dann erkennbar, wenn keine mechanischen (fließender Verkehr) oder witterungsbedingten Einflüsse auf die Spur eingewirkt haben und dadurch vernichtet wurden. Trifft man auf solche Spuren, dürfte die vorhandene Brems-/Blockierspur erst unmittelbar vor der Unfallaufnahme entstanden sein.

Spurencharakteristik am Ende der Spuren :

zeigen die Spurenenden Merkmale auf, die auf eine Kollision hindeuten, dann kann man in Verbindung mit dem Unfallhergang und Spurenlage davon ausgehen, dass das Spuren erzeugende Fahrzeug an diesem Unfall beteiligt war.

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Solche Spurenmerkmale sind in der Regel:

  • wellenförmiger Verlauf

  • die eine Spur endet ca. 40 - 100 cm vor der zweiten

  • die Brems- / Blockierspuren gehen in Schleuder- und Radierspuren über

  • am Ende der Brems- / Blockierspuren befinden sich allgemeine Kollisionsspuren (Schlagmarken, Beginn von Flüssigkeitsspuren,...)

Je mehr der oben aufgeführten Punkte und Merkmale zutreffen und übereinstimmen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die festgestellten Brems- / Blockierspuren von dem vorgefundenen Fahrzeug verursacht worden sind.



Begutachtung der Reifenlauffläche:

Bei blockierten Reifen kann man häufig an der Lauffläche erkennen, an welcher Stelle der Lauffläche der Reifen über die Fahrbahn radierte. Hier bilden sich je nach Bremsausgangsgeschwindigkeit so genannte Bremsplatten und deutliche Abriebspuren an der Lauffläche, deren Erkennen zum Beispiel für die Ermittlung von Bedeutung sind, welches Rad eines Motorrades die vorgefundene Blockierspur gezeichnet haben könnte.


Abklatschspuren:

Erfolgt die Verzögerung mit blockierenden Rädern aus hohen Geschwindigkeiten, so findet man unter günstigen Umständen am Ende der Blockierspuren so genannte Intervall- oder Abklatschspuren (auf dem Foto mit Ziffer 2 markiert). Diese dunklen Spuren sind rechteckig und entstehen, wenn die Lauffläche eines durch den Blockiervorgang erhitzten Reifens beim Weiterrollen (durch vorzeitiges Lösen der Bremse) Reifenmaterial auf die Fahrbahn übertragen, also abklatschen. Die gleich bleibenden Abstände dieser Spuren eines jeden Reifens müssten annähernd die Maße des Reifenumfanges aufweisen. Die Spuren enden entweder durch einen Kollisionsvorgang (wie auf der Abbildung), nach Stillstand des Fahrzeuges oder nach Abkühlung der Reifenlauffläche.


In der Regel sind bei Pkw die Blockierspuren von den Vorderrädern stärker gezeichnet als die der Hinterräder, da beim Bremsvorgang eine Gewichtsverlagerung zur Vorderachse stattfindet. Meistens findet man von den Hinterrädern keine Spurenzeichnung, ist aber nicht auszuschließen.

Bei heftigen Kollisionen stehen die Fahrzeuge am Ende der Spur nicht mehr über dieser, sondern schräg versetzt daneben.

Aussagekraft :

Brems- und Blockierspuren ermöglichen Aussagen über Geschwindigkeitsabbau, Bremsausgangsgeschwindigkeit, Bewegungsrichtung, fahrzeug und reifenspezifische Daten.

Sicherung :

Markieren, vermessen, skizzieren, fotografieren

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